(von Gert Schulz, Hanau) Wie schrieb Toni in der Info-Mail Schach vom 12. Juni? "Die kommenden zwei Wochen werden dem DBSB und seinen Aktiven alles abverlangen. Mehrere Turniere, die sich zeitlich teilweise überlappen, fordern vollen Einsatz der Spieler, Trainer, Begleitungen und Funktionäre." Und so habe ich recht unverhofft die Möglichkeit bekommen, den DBSB auch in diesem Jahr bei der Deutschen Schach-Pokalmeisterschaft 2017 (Dähne-Pokal) in Niedernhausen zu vertreten. Ich wusste, dass es ein hartes Turnier sein würde mit 5 Spielen an 3 Tagen und mit der Zusatzregel, dass Remis erst nach dem 40. Zug angeboten werden durfte. Aber was Caissa für mich gleich am ersten Tag vorgesehen hatte, war nochmal eine Steigerung - doch beginnen wir von vorne. Schon im letzten Jahr war ich von der "Einzelbetreuung" von Wilfried Bode , unserem Bundestrainer, sehr angetan und fand es richtig toll, dass er wieder mit dabei war, obwohl er von Niedernhausen praktisch direkt weiterreiste zur Blindenschach-Olympiade nach Mazedonien. So verabredeten wir uns für Mittwoch 14. Juni am Frankfurter Hauptbahnhof und fuhren mit dem direkten Regionalzug weiter nach Niedernhausen. Wir checkten ein, machten noch eine Trainings-Sitzung und ließen dann den Abend in einem Thai-Restaurant im Ort - ca. 20 Minuten Fußweg - ausklingen. Donnerstag 15. Juni: Um 8 Uhr Frühstück, Besichtigung des Spielsaals, wo ich einen für mich guten festen Platz zugeteilt bekam und dann war für 10 Uhr der offizielle Beginn der 1. Runde vorgesehen. Nachdem ich im vergangenen Jahr gleich in der 1. Runde gegen den späteren Turniersieger ausgeschieden war, hatte ich diesmal doch mehr Glück: Bei 28 Teilnehmern belegte ich in der Startrangliste den 26. Platz und wurde gelost gegen - die Nr. 27, Andreas Graetsch aus Niedersachsen vom SV Winsen [Luhe] mit einer ELO von 1836. Wie üblich bei solchen Veranstaltungen, dauerte die Turniereröffnung etwas länger, so dass die Partien erst gegen 10:30 Uhr freigegeben wurden. Ich hatte die schwarzen Steine, wollte aber natürlich gegen diesen Gegner die nächste Runde erreichen. Die Partie verließ nie die Remisbreite und endete nach 38 Zügen mit dreimaliger Stellungswiederholung in einem völlig gleichstehenden Endspiel, in dem beide Spieler noch einen Turm, einen Springer und 6 sich gegenüberstehende Bauern hatten. So ging es also in den Stichkampf, eine Schnellpartie mit vertauschten Farben und 30 Minuten je Spieler und Partie. In einem komplizierten Spiel übersah ich im Mittelspiel einen taktischen Trick und geriet in eine klare Verluststellung mit Minus-Qualität. Allerdings weigerte ich mich einfach aufzugeben, und als ich fast wieder Remis-Chancen hatte mit Läufer und Bauer gegen Turm und Bauer, da überschritt mein Gegner die Zeit. Auf meiner Uhr waren noch über 2 Minuten Restbedenkzeit! Es war mittlerweile 15:20 Uhr und um 16 Uhr sollte die 2. Runde beginnen: Ich hatte Weiß gegen FM Hans-Elmar Schwing aus Baden von der SGEM Dreisamtal mit einer ELO von 2332. Wir fingen erst um 16:15 Uhr an und tatsächlich war es eine sehr einseitige Partie – allerdings war es mein Gegner, der von Anfang an unter Druck stand - ich war an keiner Stelle in Verlustgefahr! Tatsächlich hätte ich in einem Dame-Turm-Endspiel an einer Stelle mit einem Turmopfer gewinnen können, aber ich habe noch nicht einmal das Motiv gesehen. Immerhin ein sicheres Remis im 41. Zug - es war fast 20 Uhr. Und wieder eine Schnellpartie im Stichkampf. Da war es allerdings um meine Kräfte nicht mehr so toll bestellt, und mit den schwarzen Steinen ging ich recht sang- und klanglos unter. Freitag 16. Juni: Härter hätte es für mich kaum kommen können! Zweimal hatte ich Schwarz: In der 3. Runde gegen Andreas Haasler aus Rheinland-Pfalz von den Sfr.Heidesheim mit einer ELO von 2220. In dieser Partie habe ich den Spielstärke unterschied am meisten gespürt und bin von ihm ziemlich souverän überspielt worden. Am Nachmittag - man mag es kaum glauben - kam meine längste Partie in diesem Turnier. Ich spielte (wieder mit Schwarz) gegen Dr. Philipp Lamby aus NRW vom Aachener SV mit einer ELO von 2201 und einer DWZ von 2235! Ich musste viel arbeiten, aber die Partie war immer ausgeglichen. Meine Abwicklung in ein Turmendspiel mit einem gegen zwei Bauern war suboptimal - aber das Endspiel war bis zum 64. Zug remis - und da lies ich unnötigerweise den Turmtausch zu und musste das verlorene Bauernendspiel aufgeben. In dieser Partie machte sich der Zeitmodus bei mir am deutlichsten bemerkbar - nach dem 40. Zug gab es nur einen Zuschlag von 15 Minuten, das konnten die 30 Sekunden Zeitgutschrift je Zug für mich nicht mehr ausgleichen. Samstag 17. Juni: Auf ging es zum letzten Gefecht: Endlich hatte ich wieder Weiß und spielte gegen Tim Bendfeldt aus Schleswig-Holstein vom Eckernförder SC mit einer ELO von 2076. Es war eine volle Kampfpartie, in der ich überhaupt nicht merkte, dass meine Stellung sich stetig verbesserte. Als mein Gegner aber einfach einen Läufer stehen ließ, brach seine Stellung schnell zusammen und er überschritt im 38. Zug in klarer Verluststellung die Zeit. Das war ziemlich praktisch, denn so hat Wilfried - bevor er zum Flughafen musste - diese Partie noch bis zum Ende verfolgen und mit mir noch einmal nachspielen können. Mit 2 Punkten aus 5 Partien gegen diese starken Gegner war ich mit meinem Abschneiden mehr als zufrieden. In der ersten Runde weitergekommen und in der Abschlusstabelle 20. von 28 Spielern - gestartet war ich vom 26. Platz. Ich habe mich sehr gefreut, vom DBSB nominiert worden zu sein - und Wilfried hat mir neben der sehr produktiven schachlichen Betreuung auch sämtlichen organisatorischen Ballast abgenommen, so dass ich mich einfach nur aufs Schach konzentrieren konnte. Seine tolle Unterstützung hat mein gutes Abschneiden überhaupt erst möglich gemacht! Herzlichen Dank hierfür.