Blinden-Schachmeisterschaft: Jeder Zug wird dem Gegner angesagt
(Quelle: Westfalenpost vom 03.06.2015 - Silke Nieder)
Die grundsätzlichen Spielregeln sind die gleichen, doch sonst gibt es einige Unterschiede, wenn Blinde
bzw. Sehbehinderte Schach spielen. In Brilon fanden jetzt Deutsche Meisterschaften statt.
Schon für den Sehenden sind die Züge und Konstellationen auf dem Schachbrett eine Herausforderung,
ringen die Stellungen und möglichen Varianten ein hohes Maß an Konzentration ab. In Brilon richtete der
Deutscher Blinden- und Sehbehinderten-Schachbund (DBSB) jetzt seine Deutsche Meisterschaften aus.
Zwei Turniere standen im Haus am Kurpark an: die Mannschaftsmeisterschaft sowie die Schnellschach-
Einzelmeisterschaft.
50 Aktive aus ganz Deutschland nahmen an der Team-Wertung teil, 22 an dem Wettbewerb um die
Schnellschach-Meisterschaft.
Thorsten Mueller, 1. Vorsitzender es DBSB: „Wir spielen Schach auf hohem Niveau und nehmen an
Europa- und Weltmeisterschaften teil. Wir sind Vizeweltmeister im Schach. Polen ist Weltmeister. Ich
war von Brilon sehr angetan. Das tolle Essen, das super freundliche Personal, ich bin begeistert. Wir
werden das Haus weiterempfehlen und es sicher weiter nutzen.“
Über die Besonderheiten beim Schachspielen für Blinde sprachen wir mit Schiedsrichter und
Turnierleiter Fritz Günter Obert.
Wo sind die Unterschiede zum Schachspiel für Sehende?
Die Regeln sind dieselben wie bei sehenden Menschen. Das Besondere ist, dass sich beide Spieler an
zwei Schachbrettern gegenüber sitzen. Jeder Spieler hat sein eigenes Schachbrett, auf dem er die
eigenen Züge und die des Gegners nachvollzieht. Die dunklen Felder sind etwas erhöht und die
schwarzen Figuren weisen eine Erhebung auf der Oberseite auf. Damit die Figuren beim Tasten nicht
umkippen, werden sie auf das Brett gesteckt. Blinde und Sehbehinderte dürfen die Figuren berühren.
Das Ertasten erfordert und fördert das räumliche Denken. Die Züge werden dem Gegner angesagt, zum
Beispiel Springer Gustaf 8 nach Friedrich 6, und in Blindenschrift notiert oder in ein Diktiergerät
gesprochen.
Wie bereiten sich die Teilnehmer vor, wie üben sie?
Es gibt besondere Schachprogramme, auch im Internet. Über eine Braille-Tastatur und Brailleschrift
setzten sich die Teilnehmer mit Eröffnung-, Mittelspiel- und Endspielphasen auseinander.
Wer wird zu diesen Wettkämpfen zugelassen?
Zugelassen werden Menschen mit einem bestimmten Sehverlust auf beiden Augen. Der Vorstand prüft,
ob jemand hinsichtlich seines Sehvermögens den jeweiligen Bestimmungen der IBCA entspricht. Dazu
bedarf es eines augenärztlichen Attestes.
Wie setzen sich die Teilnehmer des DBSB zusammen hinsichtlich Alter und Sehbehinderung?
Der älteste Teilnehmer, Manfred Granz, ist der einzige Kriegsblinde. Nur wenige sind von Geburt an
blind. Alle anderen sind durch Unfälle, Beschädigungen der Netzhaut, grauen Star oder Diabetes
sehbehindert oder gar blind geworden. Die beiden jüngsten Mitglieder sind 18 und 19 Jahre alt, das
Durchschnittsalter liegt zwischen 50 und 60 Jahren.